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Die 10 Gebote wie Du Verletzungen vermeidest

Im Laufe eines Trainingslebens sind Verletzungen im Grunde unvermeidlich. Mal etwas zu übertreiben, Schmerzen zu haben oder sich auch mal eine Zerrung einzufangen, kennt jeder ernsthaft Trainierende.

Das sind Kleinigkeiten, die immer mal wieder vorkommen können und schnell in den Griff zu bekommen sind.

Langfristig gesund und ohne Verletzungen zu bleiben, ist aber weder Glück noch Zufall. Es ist eine Entscheidung. Triff sie weise. Befolge diese 10 Regeln.

1. Der Prozess eines perfekten Warm-Ups

Sieh das Aufwärmen als Möglichkeit an, Deine Trainingsperformance zu verbessern und Verletzungen zu vermeiden. Nicht als Ritual, das Du mehr aus Gewohnheit als aus Gründen machst.

Verwende Zeit in die Gestaltung einer ausgewogenen Warm-Up Routine, die spezifisch sowohl für Dein anstehendes Training als auch Deine Schwachstellen ist. Sie muss zielführend sein und Ergebnisse produzieren. Alles andere ist reine Zeitverschwendung.

Mache es Dir zur Aufgabe, die 5 – 6 Drills, die Dich Deinen Zielen näherbringen, solange zu üben, bis Du sie beherrschst. Wenn Du eine Übung beherrschst, tausche sie durch eine Übung aus, die eine größere Challenge darstellt.

Wenn Du Dich an diese Guideline hältst, wird Dein Warm-Up zu extrem effektiven 6 Minuten, um Dir auf kurze Sicht zu einem besseren Training und auf lange Sicht zu einem besseren Athleten zu verhelfen.

Ziele des Warm-Ups sind:

  • Körpertemperatur erhöhen
  • Gelenke vorbereiten
  • Beweglichkeit erarbeiten
  • Nervensystem aktivieren
  • Muskulatur aktivieren bzw. Bewegungsmuster üben

2. Plane Dein Training realistisch. Ohne die anderen zu kopieren.

Du kennst sie. Die allerneuesten und allerbesten Programme und Pläne im Internet.

„The Rock Trainingsprogramm“, „so musst Du trainieren, um wie Thor auszusehen” oder ein YouTuber erzählt über seinen momentanen Trainingsplan. Die Liste bestehender Programme und neuer Pläne ist endlos erweiterbar.

Programme und Pläne, die suggerieren, dass damit ein bestimmtes physisches Ziel erreicht werden kann. Klar ist es motivierend, wie seine Vorbilder zu trainieren. Völlig nachvollziehbar. Aber mit ein bisschen Abstand und Überlegen sind solche Ziele bei den meisten Menschen noch sehr weit entfernt.

Es ist fatal zu glauben, dass man schneller an dieses Ziel gelangt, wenn man einfach mit dem Plan trainiert, den diese Menschen aktuell machen. Wenn es um langfristigen physischen Fortschritt geht, können leider nicht einfach Stufen übersprungen werden.

Es gibt keine großen Abkürzungen, mit denen die Jahre harter Arbeit Deiner Vorbilder schnell aufgeholt werden können.

Stell Dir vor, Du willst Klavierspieler werden. Du würdest doch auch nicht mit den Stücken beginnen, die Weltklasse-Musiker spielen, oder?

Die Zeit und Arbeit muss investiert werden. Wichtig dabei ist, gesund und ohne Verletzungen zu bleiben. Zu wissen, was Dein Körper braucht und was er nicht verträgt, ist dabei unbezahlbar.

Vorgefertigte Programme können das langfristig nicht leisten. Aber Du kannst es. Deine eigenen Erfahrungen – sowohl gute als auch schlechte – haben Dir individuelle Bedürfnisse gegeben.

Je schneller sich das herumspricht, desto weniger verletzte Sportler wird es geben. Um Fortschritte zu machen, musst Du gesund bleiben. Identifiziere Deine Stärken und Deine Schwachstellen. Denn Schwachstellen können brechen. Beseitige sie rechtzeitig!

3. Progressiver Overload ist nicht der einzige Weg, um Fortschritte zu machen

Je früher klar ist, dass immer mehr Scheiben auf die Stange zu legen nicht der einzige Weg ist, um Fortschritte zu machen, desto wahrscheinlicher bleibst Du ohne Verletzungen. Und da gibt es unzählige Möglichkeiten.

Versteh uns nicht falsch, nichts fühlt sich besser an als eine neue persönliche Bestleistung aber Du kannst nicht bei jedem Training bei jeder Übung das Gewicht erhöhen.

Wobei … Kannst Du schon, wird aber nicht lange gut gehen. Zuerst werden Technik und Performance schlechter. Danach wirst Du Dich verletzen.

Glaube uns, wir sind nicht unschuldig, wir haben das auch gemacht.

Wir können Dich trösten. Deine Kraftwerte sind nur ein kleiner Teil Deiner Gesamtperformance. Suche Dir immer neue Challenges, variiere in den Wiederholunganzahlen oder probiere auch Mal andere Bereiche aus wie Sprinten, Bodyweight-Übungen, Turnelemente, Mobility-Drills, was auch immer Dir Spaß macht.

4. Trainiere Deine Wirbelsäule als eine stabile Einheit

Wir haben ein kleines Gewinnspiel für Dir: Wenn Du uns eine Alltagsaktivität sagen kannst, in der die Bauchmuskeln eine primär bewegende Funktion haben, bekommst Du ein individuelles Coaching zum halben Preis. 😉

Ne, ernsthaft. Die Wirbelsäule wurde dafür geschaffen, eine starke und stabile Einheit zu sein, die großen Kräften standhalten kann. Nicht, um große Bewegungen gegen Widerstand durchzuführen. Spätestens seit das Sixpack zum ultimativen Symbol für Fitness und Stärke verkommen ist und Crunches und Side bends als die besten Übungen dafür beworben werden, ist die eigentliche Aufgabe des Rumpfes etwas in den Hintergrund geraten. Um es nett auszudrücken.

Willst Du gesunde Schultern, Knie und eine Wirbelsäule ohne Verletzungen haben? Dann perfektioniere die Fähigkeit, starke interne Spannung im Rumpf und allen Muskeln zu erzeugen, die die Wirbelsäule stabilisieren. Während nahezu jeder Übung. (Wie das funktioniert, lies im Artikel Prinzipien einer überragender Technik)

5. Vergesse niemals die grundlegenden Bewegungsmuster

Die menschliche Bewegungsfähigkeit fußt auf 8 grundlegenden Bewegungsmustern. Diese sollte jeder gesundheitsbewusste Mensch beherrschen, der sich schmerzfrei durch das Leben bewegen möchte. Egal, welches Ziel oder Skill-Level er hat. Diese sind Squat, Hinge, Lunge, Horizontal Push, Horizontal Pull, Vertical Push, Vertical Pull und Carry.

Am besten enthält jeder Deiner Trainingspläne mindestens eine der genannten Bewegungsrichtungen, um langfristigen Erfolge zu erzielen und ohne Verletzungen zu bleiben.

Sobald diese Muster in irgendeiner Weise schmerzhaft sind oder sich schlecht anfühlen, sollte Dich das hellhörig machen. Identifiziere den Grund der Veränderung und reagiere, bevor Verletzungen entsteht. Nutze jedes Training, um individuelle Daten über Dich zu erheben. Sei Wissenschaftler – führe eine Fallstudie mit Dir selbst durch. Und benutze die Daten, um eine lange, schmerzfreie Trainingskarriere zu starten.

6. Mache keine geschummelten Wiederholungen

Sich selbst in eine Situation zu bringen, in der man gezwungen ist, mit allem noch zur Verfügung stehenden zu kompensieren und seine Technik den Bach runtergehen zu lassen, sollte möglichst in keinem Trainingsplanvorkommen, wenn es um langfristigen, schmerzfreien Fortschritt und darum geht, ohne Verletzungen zu bleiben.

Die Kosten/Nutzen-Rechnung geht nicht auf.

Wenn Du in einer Situation bist, in der Du eine Wiederholung erzwingen musst, mache Dir entweder Gedanken um Deine Technik oder um Dein bewegtes Gewicht.

Du solltest jede Wiederholung zu Ende bringen können, das Gewicht sollte niemals zurückfallen oder die Wiederholung abgebrochen werden müssen.

Eine einfache Regel: Versage bei keiner einzigen Wiederholung!

Selbstverständlich gibt es Zeiten und auch gute Gründe, ein Training bis zum Versagen in den Trainingsplan zu integrieren, aber für den Großteil der Zeit nicht. Und wenn, dann auch nur auf strategische Art und Weise.

7. Benutze Deine Ruhetage, um Deine Regeneration zu verbessern

Wenn Du auf ein Ziel hinarbeitest, gibt es keine wirklichen Ruhetage. Wenn Du beachtest, dass nicht jede Deiner Trainingseinheiten – im Englischen sagt man – „balls out“ sein muss, kann das alleine schon Wunder bewirken.

Merke, wann Du wirklich eine Pause brauchst.

Ein körperliches Anzeichen wäre beispielsweise, wenn Du Schwierigkeiten hast, eine saubere Technik aufrechtzuerhalten, obwohl Du mit einem Gewicht trainierst, das Du normalerweise gut kontrollieren kannst. 

Natürlich gibt es auch andere Ursachen, warum man eine Pause einlegen muss. Man schafft es wegen einer wichtigen Präsentation oder Klausur nicht, weil die Vorbereitung doch mehr Zeit als geplant in Anspruch nimmt. Das ist okay, kein Thema.

Setze Dir das Ziel, keine zwei aufeinanderfolgenden Einheiten auszulassen. Alleine schon psychisch hätte das enorme Nachteile.

Versuche außerdem, wenn Du einen Ruhetag machst, passive Erholungstechniken mit einzubauen. Da reichen wenige Minuten und es gibt kaum einen Grund, diese ausfallen zu lassen. Als Beispiel empfehlen wir die tiefe Bauchatmung, Beweglichkeitstraining, low-intensity steady-state Training oder Spazierengehen.

8. Vergiss die Langhantel eine Zeit lang

Ja, mit der Langhantel lassen sich am meisten Scheiben bewegen. Leider hat sie bedeutende Nachteile.

Deine Hände bzw. Deine Arme sind an einer festen Stelle verankert. Hierdurch werden Hand-, Ellbogen- und Schultergelenke in eine feste Position gebracht und ihnen wird wenig bis keine Bewegungsfreiheit erlaubt.

Jeder von uns hat leichte anatomische Unterschiede, Asymmetrien und Dysbalancen, das ist völlig normal.

Diese werden schneller deutlich und können Probleme machen, wenn oft viel Gewicht beidarmig mit verringerte Bewegungsamplitude bewegt wird. Die Langhantel passt sich nicht an Deine individuellen Gegebenheiten an.

Außerdem wird Deine stärkere Seite beim Drücken oder Rudern immer mehr arbeiten als die andere.

Um das zu verhindern, tausche die Langhantel gegen Kurzhanteln aus. Diese bieten mehr Bewegungsfreiheit und jede Körperhälfte muss für sich selbst arbeiten.

Dadurch kannst du Dysbalancen entgegenwirken und auch Unterschiede in der Hypertrophie bzw. ästhetische Ungleichheiten besser in den Griff bekommen. Auch Kabelzüge oder Turnringe sind effektive Werkzeuge dafür.

9. Respektiere Verhältnisse

Hiermit sind Verhältnisse zwischen dem Gesamtvolumen (Wiederholungen x Sätze x Frequenz) zwischen Muskelgruppen und Bewegungen gemeint.
Wir sprechen von folgenden:

1. Drücken : Ziehen
2. Vertikales : Horizontales Ziehen
3. Hintere Kette (Hauptsächlich Glutealmuskeln, Hamstrings) : Vordere Kette (Hüftbeuger, Quadrizeps)

Die folgenden Angaben sind generelle Angaben. Sie gelten nicht für jeden zu jederzeit. Es hängt von vielen individuellen Faktoren ab wie Alltag, Anatomie, Verletzungsgeschichte, Trainingsziel und Deiner Sportart.

Betrachte sie als Richtlinien, an denen Du dich gut orientieren kannst.

Zu 1. Drücken : Ziehen

Drücken : Ziehen sollte in einem generellen Verhältnis von 1 : 1,5 – 3 stehen. Hierbei sind alle Drückbungen und alle Zugübungen zusammengenommen, die Du über einen Mikrozyklus (in der Regel eine Trainingswoche) ausführst.

Der Grund hierfür ist der Alltag. Viele Menschen sitzen für mehrere Stunden täglich und die Schultern hängen oft nach vorne.

Wenn dieses Verhältnis missachtet wird, können schlechte Haltung, Muskelverspannungen, Dysbalancen und Gelenkschmerzen, hauptsächlich im Schulter-Nackenbereich folgen. Ziehe mehr als Du drückst und Du wirst auf dem Weg zu stabileren, stärkeren Schultern sein.

Zu 2. Vertikales : Horizontales Ziehen.

Ungefähr 1 : 2. Wenn Du von diesem Verhältnis noch nie was gehört hast, wundert es uns nicht. Darüber wird selten gesprochen. Es ist jedoch ein sehr wichtiges Thema.

Die eben schon erwähnten typischen Probleme der Haltung und nach vorne hängender Schultern werden durch viel vertikales Ziehen verschlimmert.

Bei Klimmzug- oder Latzugvarianten wird hauptsächlich der Latissimus-Muskel trainiert. Dieser ist einer der stärksten Innenrotatoren der Schulter, zusammen mit dem großen Brustmuskel, der übrigens auch bei Klimmzugvariaten mit engem Griff stark beansprucht wird. Ein Fakt dem sich viele Trainierende nicht bewusst sind.

Wenn Haltung oder Schulterschmerzen ein Problem für Dich sind, integriere mehr Ruderbewegungen in Dein Training.

Bevorzugt Variationen, bei denen die Ellbogen nicht am Körper angelegt sind, sondern etwas abstehen. Dadurch reduzierst Du den Latissimus-Anteil und fokussiert die Spannung vor allem mehr auf den M. Trapezius, die Mm. rhomboiden und den hinteren Anteil des M. deltoideus. Wichtige Muskeln für Schulterblattstabilität, gute Haltung und nicht zu vergessen gutes Aussehen.

Zu 3. Hintere Kette : Vordere Kette

Hintere Kette : Vordere Kette bezeichnet das Verhältnis von Gesäßmuskeln, hinteren Oberschenkeln (Hamstrings) und im Gegensatz dazu die vordere Oberschenkel Muskulatur und die Hüftbeuger. Ein gutes generelles Verhältnis zwischen vorne und hinten ist 1 : 1,5 – 2.
Gerade die Muskeln der Rückseite sind durch vieles Sitzen oft sehr verspannt und die Glutealmuskeln mögen es nicht besonders, den ganzen Tag vom Stuhl plattgedrückt zu werden.

Zusätzlich sind die meisten Menschen eher „quadrizeps-dominant“, was bedeutet, dass diese Muskulatur einfach anzusteuern ist. Im Gegensatz dazu bestehen Probleme, die hintere Kette bei Übungen anzusteuern und zu spüren.

Diese Muskeln sind jedoch für Hüft-, Knie- und Beckenstabilität enorm wichtig. Baue also unter anderem Variationen wie Hip Thrusts, Romanian Deadlifts und Back Extensions mit in Dein Training ein und achte darauf, dass Du diese Muskulatur mehr trainierst als die vordere Kette.

Du kannst die Verhältnisse verbessern, indem Du mehr Übungen einer Bewegungsrichtung bzw. Muskelgruppe machst, mehr Sätze der Übungen, die Du sowieso schon ausführst oder verschiedene Wiederholungsverhältnisse wählen.

Beispiel:
Drücken 5 x 5
Ziehen 5 x 10

Das Volumen steht mit insgesamt 1:2 in einem guten Verhältnis.

Respektiere diese Verhältnisse und du wirst stärker, gesünder und besser aussehen.

10. Eigenverantwortlichkeit

Du hast einen einzigen Körper, in dem Du die restliche Zeit Deines Lebens verbringen musst. Es ist Dein Job, selbst Dein bester Unterstützer zu sein, um Dich für den Rest Deines Lebens vor Verletzungen und Krankheiten zu schützen. Und natürlich, um gut auszusehen.

Den Job kann niemand anderes für Dich übernehmen. Niemand von außen kann das tun. Andere können Dir den Weg weisen, Dir helfen, aber letztendlich musst Du alles selber umsetzen.

Wenn Du Dich Mal wieder von Deinem Ego hast überreden lassen, noch zwei Platten beim Bankdrücken aufzulegen, kann das einmal zu viel gewesen sein.

Verletzungen können Dir wegnehmen, was Du liebst. Hartes Training mit Leidenschaft und Bedeutung für Dich.

Klar kann man sich nicht immer vor Verletzungen schützen, auch nicht, wenn man alle diese Gebote beherzigt. Verletzungen passieren, auch zufällig. Aber wenn Du diese Ratschläge im Hinterkopf behältst, kannst Du einiges an Schlimmerem verhindern. Versprochen.

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